Neues Jahr, neues Erbrecht
Seit dem 01.01.2023 ist in der Schweiz das neue Erbrecht in Kraft, wodurch die gesetzlichen Pflichtteile reduziert wurden. Was das bedeutet, erfahren Sie hier!
Gesetzliche Pflichtteile – Was ist das?Änderungen – das wichtigste in Kürze
Verstirbt eine Person, geht sein Vermögen (und Schulden) an seine Erben über. Nach Gesetz gelten als Erben im Groben Ehepartner, Nachkommen und Eltern, unter denen nach starrer Erbreihenfolge und geschützten Mindestanteilen (sogenannte Pflichtteile) das Erbe aufgeteilt wird. Liegt ein Testament vor, ändert sich die prozentuale Gewichtung der Pflichtteile, sodass ein frei verfügbarer Teil des Vermögens entsteht, welches nach «Abspeisen» der Pflichtteile nach freiem Willen des Erblassers übergeben wird. Die Pflichtteile können jedoch nicht heruntergesetzt oder Erbberechtigte ausgeschlossen werden.
Neue Pflichtteile 2023
Dadurch konnte bisher der Erblasser nur über 25% seines Erbes frei verfügen. Neu wurden die
Pflichtteile für Nachkommen auf 50% heruntergesetzt (wobei der Pflichtteil für Ehepartner bei 25% bleibt) und die Pflichtteile für Eltern komplett abgeschafft. Somit erhöht sich das frei zur Verfügung stehende Vermögen über den der Erblasser entscheiden kann.
Bessere Absicherung für Paare
Mit den neuen Pflichtteilen gibt der Gesetzgeber Erblassern von modernen Familienverbunden grösseren Freiraum. So kann der Ehepartner von verheirateten Paaren besser abgesichert werden oder in Patchwork-Familien auch Stiefkinder (höher) begünstigt werden. Gerade auch unverheirateten Paaren mit Kindern kommt die Änderung zu Gute, da Konkubinatspartner nun höher abgesichert werden, die sonst nur maximal 25% erhalten konnten (wobei zu erwähnen ist, dass Konkubinatspartner nach wie vor in der gesetzlichen
Erbreihenfolge keine Pflichtteile besitzen). Unverheiratete Erblasser ohne Kinder können durch den Wegfall der Pflichtteile für Eltern nun über das gesamte Vermögen frei verfügen.
Auswirkungen auf Einzellebensversicherungen
Auch wenn die Erbreihenfolge für Todesfallleistungen bei Lebensversicherungen meist (im 3a
immer!) der gesetzlichen Erbreihenfolge angelehnt ist, so hat das neue Erbrecht in erster Linie
dennoch wenig Auswirkungen auf Einzellebensversicherungen. Im Speziellen würde nur der
Rückkaufswert von reine Erlebensfallversicherungen (d.h. ohne versicherte Todesfallleistungen) und Guthaben auf Prämien(sperr)depots vom neuen Erbrecht betroffenen sein, da diese in die Erbmasse fallen können.
Erbrechtsprivileg
Für private Vorsorgen (also Einzellebensversicherungen mit versicherten Todesfallleistungen) besteht nämlich ein gesetzliches Erbprivileg, wonach begünstigte Hinterbliebene die Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung unabhängig von Pflichtteilsverletzungen direkt ausgezahlt erhalten. Denn Todesfallleistungen fallen nicht in die Erbmasse und werden unabhängig behandelt. Dieses Privileg ist nach wie vor bei modernen Familien ein wichtiger Pluspunkt, denn so kann dem Konkubinatspartner oder nicht erbberechtigten Kindern (z.B. Stiefkinder) ein Nachlass zugesichert, als auch das Erbe des Ehepartners erhöht
werden.
Die praktische Sicht des Erbprivilegs ist ebenfalls nicht zu unterschätzen, da Todesfallleistungen nach Leistungsfallbearbeitung direkt an den Begünstigten ausbezahlt werden und so auch oft als «Überbrückungs-Kapital» dienen. Denn viele vergessen, dass die Konten des Verstorbenen vorerst gesperrt werden, bis der Nachlass geregelt wurde. Da dies notariell und teils gerichtlich geschieht, kann es mehrere Monate dauern, bis die Sperrung
aufgehoben wird und die Verteilung des Vermögens stattfindet. Verstirbt nun der Versorger
der Familie und das Paar hat nur getrennte Konten ohne Vollmachten, kann dies für den Hinterlassenen schnell zu finanziellen Engpässen führen, wenn das Gehalt und Guthaben des Verstorbenen Fix- und Lebenskosten der Familie gedeckt hatte (Und übrigens: eine Beerdigung soll auch noch gezahlt werden!). Da kann eine Leistungsauszahlung nach einer kürzeren Fallbearbeitung als die Nachlassregelung hilfreich sein.